Viele sorgen sich, dass sie zunehmen könnten, wenn sie bei einer kohlenhydratreduzierten Ernährung plötzlich mehr Fett essen, um abzunehmen. Über viele Jahre haben wir gehört, dass Fett fett macht und das ist grundsätzlich auch richtig – wenn man Fett mit einer zucker- und kohlenhydratreichen Ernährung kombiniert, dann macht Fett durchaus auch fett. Der „Übeltäter“ ist aber nicht, wie oft angenommen, das Fett, sondern vielmehr die Menge an Kohlenhydraten.
Wie unser Fettspeicher funktioniert, haben wir schon einmal erörtert. Heute soll es mal darum gehen, warum nun eine kohlenhydratarme Ernährung mit viel Fett eigentlich schlank macht.
„Fettsüchtige Erwachsene sollen es […], wenn sie durch Kohlenhydratentzug nicht genügend abnehmen, mit einer Fettzulage versuchen, sodass drei Viertel der Kalorien aus Fett bestehen und der Rest aus Eiweiß.“ Dr. med. Wolfgang Lutz in „Leben ohne Brot“, 1967 [1]
Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette als Energielieferanten
Der menschliche Körper hat die Möglichkeit sich aus den drei wesentlichen Energielieferanten unserer Nahrung – Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette – zu ernähren und auch aus diesen drei Makronährstoffen Energie zu gewinnen.
Kohlenhydrate werden durch Enzyme im Speichel und im Dünndarm zu Glukose, die durch Insulin in die Zellen verbracht wird und dort entweder zur unmittelbaren Energiegewinnung genutzt wird, oder, falls zu viel vorhanden ist, in Form von Fett eingelagert wird.
Eiweiße bzw. die Aminosäuren, aus denen sie bestehen, können nicht unmittelbar in den Zellen verbrannt werden. Sie dienen in erster Linie als Bausteine für die Zellen. Trotzdem sind sie Bestandteil unseres „Notfallplans“ für Hungerzeiten, denn sie sind die Voraussetzung für unsere körpereigene Glukoseproduktion. In Fastenzeiten oder wenn wir bewusst wenige Kohlenhydrate essen, werden Eiweiße genutzt, um den kleinen Glukosebedarf des Gehirns zu decken und den Blutzuckerspiegel stabil zu halten und eine Unterzuckerung zu vermeiden. Dazu werden die Eiweiße in der Leber zu Glukose umgewandelt (Glukoneogenese) und dann ebenso wie Kohlenhydrate im Körper eingebracht.
Last but not least, finden wir Fette – sowohl im Körper eingelagert, als auch in der Nahrung – die wir zur Energiegewinnung nutzen können. Fette sind der wesentliche Energielieferant, wenn Kohlenhydrate aus der Nahrung knapp werden. Aus ihnen können wir in Hungerzeiten den Bärenteil unseres Energiebedarfs decken. Dazu werden aus Fettsäuren in der Leber sogenannte Ketonkörper gebildet, die dann die Funktion von Glukose übernehmen.
Eine Low-Carb High-Fat Ernährung imitiert den Fastenstoffwechsel
In der Geschichte der Menschheit war diese metabolische Flexibilität, d.h. die Fähigkeit zwischen den einzelnen Makronährstoffen als Energielieferant zu wechseln, sehr wichtig. Kohlenhydrate gab es nur in Warmzeiten und auch dann vermutlich nur im Sommer und Herbst, wenn Früchte und Samen reif waren. Das war die Zeit, in der Kohlenhydrate eine wichtige Rolle spielten, denn sie ermöglichten uns mehr Fett für die bevorstehenden Wintermonate anzulegen und davon zu zehren, wenn der Jagderfolg ausblieb oder die Bedingungen zur Jagd in der kalten Jahreszeit unwirtlich waren. In diesen Hungerperioden, die der Mensch im Laufe der Evolution selbstverständlich immer wieder erlebt hat, ermöglichte ihm diese Flexibilität von seinen eigenen Reserven zu leben.
Zum einen kann unser Körper also Energie aus Fett nutzen, zum anderen aber auch Eiweiß für die Deckung des grundlegenden Glukosebedarfs. Man kann davon ausgehen, dass die Ketose, also genau dieser Zustand, in dem der Körper seine wesentliche Energie vor allem aus Fett gewinnt, über einige hundert Jahrtausende der Normalfall war. Zucker und Früchte dürften in den meisten Teilen der Welt eher Mangelware gewesen sein. Die Grundlage der menschlichen Ernährung bildete nach – und vermutlich sogar schon vor der Entdeckung des Feuers – vor allem Fleisch (sorry, aber das ist einfach so) [2].
Wie kann man diesen Stoffwechselzustand des Hungerns – in der der Körper eingelagertes Fett verbraucht – nun verlängern, ohne zu hungern und die körpereigene Grundsubstanz aufzubrauchen? Ganz einfach: indem man überwiegend Fett und Eiweiß isst. Diese beiden Nährstoffe ermöglichen es dem Körper in der gleichen Stoffwechsellage zu bleiben, die beim Fasten erzielt wird – nur, dass lediglich die eingelagerten überflüssigen Pfunde abgebaut werden und nicht die Grundsubstanz des Körpers. Im Gegensatz zum Fasten werden weiterhin Nährstoffe zugeführt, sodass Muskulatur und Kraft erhalten bzw. durch die höhere Eiweißzufuhr (bei niedrigerer Kohlenhydratzufuhr) sogar aufgebaut werden können.
Auch wenn Fett eine hohe Energiedichte hat, ist es so möglich eingelagertes Fett abzubauen.
Referenzen
[1] Lutz W. Leben ohne Brot. Die wissenschaftlichen Grundlagen der kohlenhydratarmen Ernährung. 1967.
[2] Sorry, vegans: Eating meat and cooking food is how humans got their big brains – The Washington Post. https://www.washingtonpost.com/national/health-science/sorry-vegans-eating-meat-and-cooking-food-is-how-humans-got-their-big-brains/2012/11/26/3d4d36de-326d-11e2-bb9b-288a310849ee_story.html. Accessed January 17, 2016.
Danke für diesen sehr interessanten Artikel. Doch die Wissenschaft der gesunden Ernährung hat sich allein in den letzten 50 Jahren mehrfach verändert. Es kaum einer sagen, ob es früher viel Fleisch zu essen gab. Der Mensch ist ein Allesverwerter, wie die meisten Affen und Schweine. Es ist durchaus denkbar, dass früher sehr viel rohes Fleisch gegessen wurde, welches schlecht verstoffwechselt werden konnte. Mit der Entdeckung des Feuers, hat sich dies deutlich geändert.
Lieber MartinN, das sehen die Archäologen anders. Wir wissen aus Isotopenanalysen, dass sogar bei den ersten Bauern noch der Schwerpunkt auf tierischen Produkten gelegen haben muss. Genauer: je weiter hinten eine Spezies in der Nahrungskette liegt, desto höher fallen die 15N Werte in Knochen und Gebiss aus. Schaf oder Reh, die vor allem von Pflanzen leben, weisen 15N Werte von 5-7 Promille auf. Die Steinzeitmenschen und ersten Bauern, deren Knochen wir haben, weisen Werte von 9 bis 11 Promille auf, was sogar darauf hindeutet, dass der Mensch Allesfresser und auch Carnivoren aß, deren Werte ebenfalls höher liegen als bei reinen Pflanzenfressern, wie auch der Kuh. Da der Mensch, wie du ja schreibst, ein Allesfresser ist, lassen sich daraus nur Tendenzen erkennen. Die Tendenz ist aber tatsächlich Fleisch und Fisch als Grundlage. Die Ernährungswissenschaften der letzten 50 Jahre haben vielfach eine andere Ausrichtung, so spielt zum Beispiel die Bevölkerungsexplosion, Nachhaltigkeit etc. eine große Rolle. Und ohne Adolf hätte es auch das vor 100Jahren noch gänzlich ungeliebte Vollkornbrot niemals in die Empfehlungen geschafft. Komplexe Geschichte 🙂 Liebe Grüße, Nadja
Liebe Nadja,
die ketogene Ernährung ist eine ungeheuer wirkungsvolle Therapie gegen Typ-2-Diabetes. Ich hatte vor einem Jahr einen katastrophalen Langzeit-Blutzuckerwert von 13,7 %. Jetzt, nach einem Jahr ketogener Ernährung, einen Wert von unter 6%, d.h. kein Diabetes mehr. Mein Fall ist kein Einzelfall. Jetzt leiden schon über 20% der Deutschen meiner Altersgruppe (ca. 70 Jahre) an Typ-2-Diabetes. Unsere Schulmedizin hält trotz der spektakulär positiven Wirkung der ketogenen Ernährung daran fest, dass ein Diabetiker sich zu 55% mit Kohlenhydraten ernähren soll und Fett so weit wie möglich meiden soll. Kann man dies noch mit Blindheit allein erklären?
Hallo Frank,
das ist toll! Schön von dir zu lesen und zu lesen, dass es dir so viel besser geht. Gerade in deiner Altersgruppe ist das so schwierig die Menschen von Veränderung zu überzeugen. Da schickt man einem Prä-Diabetiker ein LOGI Buch und wird beim nächsten Besuch mit Süßigkeiten förmlich überschüttet. Was soll man tun? Jeder Mensch ist seines Glückes Schmied! Du machst das großartig und ich beneide dich um deinen Markt in Royan 🙂
Liebe Grüße, Nadja
P.S. Für alle, die das lesen und Franks Blog nicht kennen: http://zuckerkrankwasnun.blogspot.de/
Ist diese Ernährungsform auch mit intensiven Sport kompatibel?
Hallo Kevin, ja, in der Tat. Julia hat dazu einen Artikel verfasst, den du hier lesen kannst: http://blog.foodlinx.de/so-profitieren-sportler-von-einer-ketogenen-ernaehrung/
Liebe Grüße, Nadja