Low-Carb wird häufig als Abnehmwunder gefeiert. Auch ich bin überzeugt davon, dass eine Reduzierung der Kohlenhydratezufuhr positive Auswirkung auf unsere Gesundheit und unsere Figur hat. Viele Studien sprechen dafür, dass die Menge der in der heutigen Zeit oft konsumierten Kohlenhydrate, negative Auswirkungen auf viele Stoffwechselvorgänge hat.
Dennoch gibt es immer wieder Kritik an Low Carb, die oft auf einem falschen Verständnis der verschiedenen Low Carb-Ernährungsformen basieren. Mit drei davon räumen wir in diesem Artikel auf.
Low Carb ist nicht gleich No Carb
Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen einer Low Carb Ernährung und einer Ernährung, die die Ketose zum Ziel hat. Von Low Carb spricht man häufig, wenn weniger als 150 g Kohlenhydrate pro Tag konsumiert werden. Derzeit existiert allerdings noch keine einheitliche Definition, sodass die Angaben sich manchmal unterscheiden.
Bei einem theoretischen kalorischen Tagesbedarf von rund 2000 kcal dürfen also 600 kcal in Form von Kohlenhydraten aufgenommen werden. 150 g Kohlenhydrate sind zum Beispiel enthalten in:
- 3 Baguettes
- 4 normalen Brötchen
- 3 Liter Milch oder Kokosmilch
- 500g Studentenfutter
- 1,3 kg Äpfel oder Kirschen
- 7 Bananen
- 1 kg Zuckermais
- 9kg Schwarzwurzel
- 5kg Fenchel
Aus dieser kurzen Übersicht wird bereits deutlich, dass es einfacher ist, weniger Kohlenhydrate zu essen, wenn man sich ganz oder zu einem großen Teil von frischem Gemüse und Obst ernährt. Dabei können und sollten auch kohlenhydratreiche Gemüsesorten wie Möhren oder Süßkartoffeln auf dem abwechslungsreichen Speiseplan stehen, denn sie enthalten wichtige Ballaststoffe für unsere Darmbakterien.
Wer viele Weißmehlprodukte, andere Getreideprodukte oder gar Süßigkeiten zu sich nimmt, wird es mit einer Low Carb-Ernährung schwer haben. Mit einem bunten Obst- und vor allem Gemüsesortiment bist du aber auf jeden Fall auf der sicheren Seite.
Das Ziel von Low Carb ist nicht No Carb! No Carb ist eine Strategie um in die Ketose zu kommen. Um in die Ketose, also den Stoffwechselzustand, bei dem der Körper sich aus Ketonkörpern anstatt Glukose nährt, zu gelangen, sollte die Kohlenhydratezufuhr dauerhaft unter 50 g pro Tag liegen. Obwohl die Ketose für Spitzensportler oder auch für Krebspatienten, Epileptiker und einige andere Menschen Vorteile haben kann, ist sie für die meisten Menschen eigentlich kein erstrebenswertes Ziel.
Lies mehr dazu: Die ketogene Ernährung
Eine „Phobie“ vor Kohlenhydraten ist also unangebracht. Manchmal stoße ich in den einschlägigen Foren auch auf Aussagen wie „Ich dachte Rote Bete ist high carb und man sollte es lieber weglassen?“ Das ist fatal. Rote Bete kannst Du essen bis es Dir aus den Ohren heraus kommt. Sie liefert, wie das meiste Gemüse so wichtige Nährstoffe, die Du mit anderen Lebensmitteln nicht aufnehmen kannst. Auch nicht mit Fleisch.
Low Carb bedeutet viele tierische Produkte zu essen
Ganz kurz: nein, Low Carb bedeutet nicht viele tierische Produkte zu essen. Zwar enthalten Milchprodukte wie Quark oder Käse wenige bzw. keine Kohlenhydrate, dafür aber wichtige Eiweiße und Fette, aber eine Low Carb Ernährung geht sogar auch ganz ohne tierische Produkte.
Lies dazu unseren Artikel: Low Carb – Abnehmwunder oder Schlachtfest?
Was viele nicht wissen, ist, dass auch in pflanzlichen Lebensmitteln wie beispielsweise Grünkohl oder Nüssen Eiweiß enthalten ist. Zwar sind die Mengen deutlich geringer und haben eine schlechtere Bioverfügbarkeit, als tierische Lebensmittel, aber der minimale Tagesbedarf eines Erwachsenen lässt sich mit einer abwechslungsreichen pflanzlichen Ernährung durchaus decken.
Bei Low Carb geht es nicht unbedingt darum sich besonders eiweißreich zu ernähren. Das kann kurzzeitig zwar z.b. beim Abnehmen hilfreich sein, kann langfristig aber zu anderen Problemen, wie einer veränderten Darmflora, führen. Als Fautregel gelten 20% Eiweiß für die langfristige Low Carb Ernährung.
Ein wichtiger Bestandteil ist jedoch die richtige Menge Fett. Vor Fett solltest du wirklich keine Angst haben. Eine gute Kombination aus gesättigten und ungesättigten Fettsäuren, sowie Omega-3-Fettsäuren sollte sich also unbedingt auf Deinem Speiseplan wiederfinden.
Gute Quellen für gesunde pflanzliche Fette sind beispielsweise Avocados, Kokosfett, Olivenöl oder auch Leinöl. Du solltest dabei aber nicht vergessen, dass gut verwertbare Omega-3 Fettsäuren für den Menschen nur in tierischen Produkten zu finden sind. Der menschliche Körper kann pflanzliche Omega-3 Fettsäuren nur zu 0,1 % in DHA (ein wichtiger Bestandteil der Nervenzellen) umwandeln.
Low Carb funktioniert für jeden
Auch hier gibt es eine kurze Antwort: nein. Low Carb ist keinesfalls ausnahmslos für jeden geeignet. Die Frage ist vielmehr, wie viele Kohlenhydrate für den einzelnen Menschen tatsächlich notwendig sind. Viele von uns essen durch eine brot- und getreidereiche Ernährung sehr, sehr viele Kohlenhydrate. Die Biologie des Menschen sieht nun mal vor, dass ein Überschuss an Kohlenhydraten als Fett eingelagert wird.
Ab wann der Überschuss individuell entsteht, ist von vielen Faktoren abhängig. Einer der wichtigsten ist wohl das Thema Bewegung. Wer den ganzen Tag auf den Beinen ist und seine Kohlenhydrat-Speicher ständig leert, hat sicherlich einen anderen Bedarf als jemand, der den ganzen Tag am Schreibtisch sitzt.
Lies hier mehr: Wieviele Kohlenhydrate sind gesund für mich?
Fazit
Eine gut gestaltete Low-Carb Ernährung kann Dich wieder in Balance bringen, Dein Gewicht regulieren und Deinen Körper mit allen wichtigen Nährstoffen versorgen. Wichtig ist ein vernünftiger Ausgleich der einzelnen Lebensmittelgruppen. Der Schwerpunkt liegt auch bei einer Low Carb-Ernährung zweifelsohne auf frischen und unverarbeiteten pflanzlichen Produkten wie Obst und Gemüse und nicht wie vielfach angenommen, auf Fleisch, Milchprodukten und Eiern.
Ich habe mich ca. 3 Jahre nach Low Carb ernährt, um Gewicht zu verlieren. Anfangs klappte alles gut und ich verlor an Gewicht. Auch fühlte ich mich gut. Aber ab dem 3. Jahr ging es mir immer schlechter. Ich war ständig müde, hatte Stimmungsschwankungen und die Konzentration war ganz weg. Vor meiner Umstellung auf Low Carb habe ich mich gründlich informiert und dachte, mir täte Low Carb gut, weil es ja überall hieß, wie gesund diese Ernährungsform sei, was auch anfangs stimmte. Mir ging es ja auch gut.
Ich dachte mir, dass es wieder bergauf geht, wenn ich mich ketogen ernähre und die KH weiter runter schraube. Falsch gedacht. Dann ging es erst richtig los. Ich stand völlig neben mir, entwickelte fast schon Depressionen und war gar nicht mehr belastbar. Meine Verdauung war sehr schlecht und es entwickelte sich bei mir das Leaky Gut Syndrom, was trotz vieler Besuche bei Ärzten nicht ersichtlich war. Erst meine Heilpraktikerin kam darauf. Auch fing meine Leber an, Probleme zu machen. Ich konnte das Fett gar nicht mehr richtig verdauen. Ich nahm wieder zu.
Meine Heilpraktikerin untersuchte mich gründlich und riet mir dringend, meinen KH-Anteil deutlich zu erhöhen und vor allem den Fettanteil zu senken. Ich sei eher ein KH-Typ, sagte sie. Anfangs war ich sehr skeptisch, befolgte aber ihre Ernährungsempfehlungen. Und was soll ich sagen? Innerhalb von 3 Monaten ging es deutlich bergauf. Ich muss auch sagen, dass während der LC-Zeit eine Schilddrüsenunterfunktion diagnostiziert wurde. Seit ich mehr KH esse und zusätzlich Selen supplementiere, geht es mir wieder richtig gut. Ich habe einfach den Obstanteil erhöht und esse wieder Süßkartoffeln, Reis etc. (größtenteils paleokonform, manchmal kleine Ausnahmen).
Man kann wirklich nicht sagen, dass nur eine Ernährungsform die perfekte für alle sei. Wir sind alle zu individuell als dass es stimmen könnte.
Liebe Anna,
vielen Dank für deinen Kommentar und dafür, dass du deine Erfahrung mit uns teilst. Ich freue mich für dich, dass es dir wieder besser geht und du die Ursache deiner Probleme gefunden hast. Ernährung ist etwas sehr individuelles, da hast du absolut recht und das Ding ist, dass wir uns in verschiedenen Lebensphasen auch anders ernähren müssen. Es ist heute sehr schwierig das richtige Maß zu finden, weil wir manchmal mehr auf den Verstand hören, als auf unseren Körper. Das Thema Schilddrüsenunterfunktion scheint mit Low-Carb auch überhaupt nicht zusammen zu passen. Chris Kresser empfiehlt in diesen Fällen auf keinen Fall Low-Carb zu essen, weil die Schilddrüse Insulin braucht um T4 in T3 umzuwandeln. Manche Frauen entwickeln durch LC auch eine Schilddrüsenunterfunktion. Wir werden das Thema in den nächsten Tagen im Blog haben. Julia schaut gerade, was die wissenschaftliche Lage dazu ist. Low-Carb ist letztlich ja auch eine Frage der Interpretation und der Ausgestaltung. Unmengen Brot und Nudeln müssen es ja trotzdem nicht sein und eine natürliche Ernährung (wie z.B. Paleo als Blaupause) ist ein toller Weg. Liebe Grüße, Nadja
Bitteschön:-). Ich finde es schade, dass es fast schon Glaubenskriege diesbezüglich gibt. Man sollte sich nicht verunsichern lassen und auf seinen Körper hören. Er weiß am besten, was er braucht, egal was die Werbung, Experten etc. sagen. Ich habe damals fast schon eine KH-Phobie entwickelt und mehr auf andere als auf meinen Körper gehört. Es erfordert viel Mut, festzustellen, dass man doch falsch lag und einen anderen Weg gehen sollte.
Ich kann gar nicht so genau sagen, ob ich schon vor meiner LC-Zeit eine unerkannte SD-Unterfunktion hatte oder ob diese wg. der LC-Ernährung auftrat. Ich lag damals bei 50-70g KH, habe nun erhöht auf 150g/Tag. Das ist perfekt für mich. Und ich kann trotz der vermehrten KH mein Gewicht reduzieren, was auf den ersten Blick paradox ist :-). Brot und Nudeln sind nicht täglicher Bestandteil, generell esse ich kaum Getreide.
Ja, die Schilddrüse ist ganz schön komplex und wirkt sich zum Teil sehr stark auf unseren Stoffwechsel, Gesundheit etc. aus, wenn etwas nicht stimmt. Ich freue mich schon auf das Thema im Blog!
Da kann ich dir nur zustimmen. Ich sehe das in den Fitness-Foren etc. auch immer wieder, dass da wenig auf den eigenen Körper gehört wird und sehr viel gezählt und getracked wird, was vermeintlich richtig sein soll. Nicht alles klappt bei jedem. 150g/Tag sind ja immernoch Low-Carb, vergleicht man das mit den gängigen Empfehlungen von 260g und mehr. Umso besser, dass es dir damit gut geht 🙂 Liebe Grüße, Nadja